Eine kurze Weihnachtsgeschichte

Es ist Mittwoch Abend am 26.12.2018. Wenn die fast schneelose Weihnachtszeit sich auch dem Ende zuneigt, so ist sie doch noch nicht vorbei. Ein passender Zeitpunkt also, die erste Kurzgeschichte dieses Blogs zu veröffentlichen, das Thema fällt wohl nicht schwer zu erraten. Hinterlasst uns gerne ein Feedback in den Kommentaren, diesen Blog abonnieren kann man über den gleichlautenden Button oben links auf der Startseite.




Leichte, feste Flocken fallen von Oben. Der Himmel ist bereits verdunkelt, während der Mond fröhlich von oben auf das kleine, süße Dorf hinab schaut. In regelmäßigen Abständen stehen in tiefem Schnee alte Laternen. Ihr helles, leitendes Licht, weist den Weg durch schmale Gassen. Der verschneite Bürgersteig ist wie hochgeklappt. Keine Menschenseele wagt sich so spät nach Draußen und verbringt die warme, heilige Nacht lieber in kuschligen Stuben. Einzelne, funkelnde Sterne finden ihren Weg durch wenige Wolken. Sie lächeln auf das kleine Dorf hinunter. 
Fröhliche Stimmen schallen aus einer Kirche heraus, während einzelne Kinder in das Haus hineinfinden. Links und Rechts stehen kleine Häuschen, aus deren Schornsteinen dicker Nebel nach Oben steigt. Der Rauch schlängelt sich bis nach ganz Oben, sodass selbst der Mond von Schwaden bedeckt ist. Viele Fenster sind mit Lichterketten, Kerzen und weihnachtlichen Holzfiguren verziert.

Siehst du das eine besonders große Fenster? Es ist so eisig kalt, dass seine Ecken Frostspuren haben. Dennoch erstrahlt unglaubliche Wärme heraus. Wenn man dort hindurch schaut erblickt man eine glückliche Familie, die jetzt am späten Abend noch Plätzchen backt. Durch die Fenster des Hauses gegenüber sieht man ein junges Pärchen auf ihrer Couch sitzen, einen Weihnachtsfilm schauend. 


Ein Vogelgezwitscher lenkt meinen Blick wieder zur Kirche. Dort fliegt ein tiefschwarzer Vogel krähend durch den wilden Schneesturm, der aber immer sanfter wird. Er fliegt vorbei an einen Mann, der mit grimmiger Miene durch das Kirchenfenster schaut. Der alte Mann lässt von dem Bild, fröhlich, singender Buben ab und beginnt die verschneite Gasse entlang zu laufen. Sein gesenkter Kopf verschreckt sogar den armen Vogel. Er hat einen dicken Ledermantel und einen herunterhängenden weinroten Schal an. Sein Schlendern ist so langsam, dass er mit jedem Schritt tiefer eingeschneit wird. Die leuchtenden Laternen weisen ihm den Weg zu seinem kleinen Häuschen am Ende der Gasse. Immer wieder schaut er durch eines der geschmückten Fenster, lächelt kurz auf und verschwindet dann wieder. 

Gleichsam in Gedanken und kaltem Schnee versunken.

Er geht die zwei Stufen zu seinem Haus hinauf und verharrt zunächst. Sich zu mir umdrehend erzählt er ungefragt: „Ich habe niemanden. Das Bild der fröhlichen Pärchen, glücklichen Familien und der singenden Buben muntert mich für einen Moment auf. Doch schließlich erinnert es mich daran, wie alleine ich nun mal bin. Ich verbinde nichts Gutes mit diesem scheußlichen Fest! Meine Familie lässt nichts mehr von sich hören und meine geliebte Frau ist längst verstorben. Sie war immer so glücklich zu dieser Jahreszeit. Letztlich war sie aber schwer krank. Es hatte mich immer überrascht, wie positiv sie in ihrem Denken war. Das Leben zwischen leeren Mauern hat mein Leben verdüstert und so schlendere ich im kalten Winter die Gasse entlang. Vor Jahren ist sie genau an Weihnachten verstorben.“ 

Sein Blick wandert zu dem Fenster neben dem er steht. Wärme strahlt hinaus und es scheint, als sähe er für einen kurzen Augenblick seine Frau lächelnd auf dem Sofa. Das Gesicht des alten Mannes erstrahlt voller Freude. Urplötzlich dreht sich der Kopf der alten Frau nach Rechts. In dem Moment, in dem sich die Blicke des alten Mannes und seiner Frau vermeintlich treffen, verschwindet der Schatten. Die Miene des alten Mannes verschlechtert sich schlagartig. Eine Träne rollt ihm die Wange hinunter.

Er entscheidet sich dazu, das Schloss seiner Tür mit dem kalten Schlüssel aufzudrehen, doch durch den Türspalt dringt ein unerwarteter Geruch nach Essen. „Was ist hier denn los?“ Langsam geht der Mann mit gesengtem Kopf in die Küche, plötzlich grüßt ihn eine bekannte Stimme freudig. „Träume ich?“ Er nimmt den Kopf nach Oben und erblickt all seine Kinder mitsamt Ehefrauen und Enkeln. Ist das ein Weihnachtswunder? Ist das ein Traum? Endlich funkeln seine Augen, wie das Licht der Sterne am Nachthimmel. Endlich gehört auch ihr Häuschen zu denen, aus deren Schornstein Rauch kommt. Endlich feiert er Weihnacht mit seinen Liebsten.

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