Drei Uhr nachts



Fenster mit Regentropfen


Nasse Haare, triefende Kleidung und eine Wasserspur, die sich den Flur entlang zieht. Ganz leise macht er die Tür hinter sich zu, sodass er zufrieden in seinem Zimmer steht und erst einmal ausatmet. Es ist müheselig, jedes mal bis zum achten Stock zu laufen, wenn der Aufzug kaputt ist... Dennoch ist der Junge in Gedanken ganz wo anders.

„Ich habe nur einen Wunsch - sie wiederzusehen...“

Das Licht in seinem Zimmer ist aus und trotzdem erreicht ihn das diffuse Licht des Mondes, der durch das Fenster lacht. Wasserspuren kleben förmlich an der Scheibe, während einzelne Tropfen hart dagegen prallen. Entgegen seines ersten Impulses sich abzutrocknen, macht er sein Fenster auf, um eine tolle Sicht auf Landschaft und Städte zu bekommen. Das Funkeln seiner Augen gleicht dem Funkeln der einzelnen Häuser am Horizont. Er befindet sich im achten Stock und dennoch fühlt er sich um einige Stockwerke höher. Er hatte einen tollen, aber lauten Abend erlebt und kann nun an seinem Fenster entspannen. Um in die richtige Stimmung zu gleiten, geht er zu seinem kleinen Schrank hinter seinem Schreibtisch. Er macht die hell hölzerne Tür auf, sodass sein Blick auf mehrere Flaschen mit brauner Flüssigkeit haften bleibt. Zufrieden und zugleich erschöpft nimmt er eine der Flaschen und stellt sie auf seinen Schreibtisch. Nun greift er zwischen seinen Klamotten nach einem verzierten Glas und füllt es sogleich mit Flüssigkeit auf. Er nimmt es in die Hand und schlendert zum offenen Fenster. Dass sein Holzboden und seine Fensterbank bereits nass geworden sind, ignoriert er. Große Blicke, große Häuser und große Gefühle durchfluten ihn. Die Party auf die er vorhin war, ging wohl gut für ihn aus, denn sonst würde er sich nicht, seiner Angewohnheit folgend, einen Whisky eingeschenkt haben. Lauwarme Luft streift seine Backen, während sich leichter Nebel im Tal auftürmt. Er fixiert er seinen Blick auf die deutlich sichtbare Skyline. Die Distanz zwischen der gewaltigen Stadt und seinem Standort, ist erfüllt, von dicht besetztem Nadelwald. Dort ist er vor wenigen Stunden gewesen. Er denkt an die Party zurück, weshalb ihm trotz nassem Gesicht , warm ums Herz wird.

„Auch wenn ich unzählige Male die Chance dazu hatte, so habe ich sie endlich angesprochen. Ich bin so erleichtert, den Schritt gewagt zu haben. Was denkt sie darüber, wie geht es ihr jetzt? Muss ich ihr jetzt schreiben, oder sie sogar anrufen? Ich meine, es war mein erster Kuss mit ihr gewesen! Was wenn es ihr nicht so viel bedeutet hat, wie mir? Gleichgültig. Was zählt, ist das Vertrauen darauf, dass es weiter geht. Ja, ich meine...Klar da gibt es noch einen anderen Jungen. Doch um den mache ich mir keine Sorgen. Ich liebe dieses Gefühl nach einer langen Nacht nach Hause zu kommen und an meinem Fenster zu entspannen. Der kühle Sommerregen weckt mich und gibt mir das Gefühl am Leben zu sein.

Die klare Luft, die ich einatme, ruft ein vertrautes Gefühl in mir hervor. Ich drehe mich langsam um und schaue in mein dunkles Zimmer. Meine Knie werden weich. Es fällt schwer das Glas zu halten, weswegen es mir langsam aus der Hand gleitet. Kurz bevor es zu fallen beginnt, nehme ich es wieder fester in die Hand. Ich stelle es vorsichtshalber auf den Boden. Meine Hände stützen sich auf der nassen Fensterbank ab, während mir der Regen in meinen Nacken prasselt. Unaufhörlich trommelt er hinein, sodass Wasser in das Innere meines T-Shirts gelangt. Klitschnass stehe ich da in meinem Zimmer und starre auf die kleine Ecke links, wo jetzt mein Schreibtisch steht. Dieses unbeschreibliche Gefühl, erinnert mich an das Gefühl was ich immer hatte, als ich mit Lego spielte. Kaum mache ich die Augen zu, schweife ich ab in vergangene Zeiten. Auf einmal sehe ich mich da in der Ecke mit Lego spielen und werde ganz ruhig.“

„Kannst du auch mal was anderes, außer den ganzen Tag Lego spielen und mach endlich das Fenster zu!?“

„Ich sehe mich da als kleinen Jungen sitzen und fühle mich unantastbar in meiner eigenen kleinen Welt aus Lego. Schmunzelt denke ich bei mir: Etwas Geduld zu haben und zuversichtlich zu sein, bringt einen Schritt für Schritt näher an das Ziel. Es zeigt mir, wie einfach es ist, glücklich zu sein. Alles um mich herum wird ruhig und ohne es zu bemerken, vergesse ich die heutigen Erlebnisse. Ich lächle einfach und tauche ein, in größte Zufriedenheit.“

Er trinkt einen letzten Schluck aus seinem Glas, schaut kurz zur Skyline hinüber und macht schließlich das Fenster zu.





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