Noch einmal Kind sein





Früher habe ich die Welt mit anderen Augen gesehen. Entweder lag es daran, dass ich als Kind besser sehen konnte, oder mein Blick auf die Welt hat sich grundlegend verändert. Ich weiß noch, als relativ naives Kind, waren die Farben kräftiger. Das grüne Leuchten der Stille hatte mehr Wirkung auf mich. 
Ich glaube zu wissen, dass die Menge an Informationen, die wir aufsaugen, die Menge an Erfahrungen, die wir sammeln und den Höhenflug über die Welt, den wir machen, Verantwortung mit sich bringt. 
Verantwortung, die wir in erster Linie nicht sofort erkennen und wenn wir es dann doch tun, von ihr überwältigt sind. Ich bin überfordert von den Möglichkeiten dieses Lebens, von dem Wissen, was ich habe, von den Erfahrungen, die ich mit mir trage. Denn sie verändern mein Leben. Sie verändern meinen Blickwinkel. Wir sind überfordert mit unserem privilegierten Leben. Sind überfordert mit den Möglichkeiten, die uns diese Welt bietet. Fühlen nicht, sondern wissen nur noch. Manchmal wünschte ich mir, ich wäre eines dieser dummen Kinder, so muss ich sagen. Ich würde die Welt, so einfach wie sie damals für mich war, noch sehen können. 
Wünschte mir, dass ich das Wort Komplexität nicht kannte und dennoch ist es der Inbegriff dieser Welt. Diese Art von Wissen besitzen wir, ob wir wollen oder nicht. Schließlich gibt es Fragen, deren Antworten sich uns nicht sofort erschließen, deren Dimension wir uns aber bewusst sein sollten. Daher müssten wir ein Bewusstsein dafür erschaffen, was Leben für uns ist. 

Die Welt befindet sich im ständigen Wechsel. Wir müssen uns daran gewöhnen, dass es kein Richtig und kein Falsch mehr gibt, kein Schwarz und kein Weiß, kein Ja oder Nein. Die Welt, in der wir leben ist so komplex, dass es weh tut, sich zu entscheiden und trotzdem müssen wir es. Eine Entscheidung treffen. 

Ich weiß nicht, aber wir sollten überdenken, ob wir nicht grundlegend etwas übersehen, uns etwas verloren geht. Sollten ganz genau hinschauen, wie die Welt aussieht, wie sie sich verändert. 
Vielleicht sollten wir in den Wald gehen und das Grüne spüren. Sollten im Regen laufen, um zu erfahren wir es sich anfühlt, am Leben zu sein. Die pragmatisch rationalen Ideen, mit denen wir uns ständig befassen, sollten zielführend und gleichzeitig aus der Sicht eines dummen Kindes verständlich sein. Ja, manchmal wünschte ich mir ich wäre eines dieser dummen Kinder, um die Welt aus einem primitiven Blickwinkel zu betrachten, so wie es kein Erwachsener tut. Und schließlich wissen wir, dass all jene „dummen“ Kinder mehr verstanden haben als wir. Denn diese Art von Naivität begeistert uns. Wir glauben zu wissen, wo diese Reise, unsere Reise, hingehen soll. Doch manchmal sehen wir diese Kinder im Wald spielen und merken, dass sich unsere ideellen Vorstellungen nicht bestätigen lassen. 

Die Welt spielt im ewigen Wechsel dasselbe Lied. Die Zeit vergeht, ob wir wollen oder nicht. Jeder möchte Momente auffangen und sie am liebsten für einige Zeit einfrieren lassen. Doch nur Kinder spüren, dass ihr Leben Jetzt verläuft. Ihr Umfeld schafft eine behütete Blase, die ein magischen Augenblick der Zeitlosigkeit entstehen lässt, der so dehnbar ist, wie die Zeit selbst. Für sie ist es einfach, denn sie tragen keine Verantwortung. 

Die Welt befindet sich im ewigen Wechsel, doch sollten wir nicht verwechseln, dass sich unser Blick auf die Welt gewechselt hat. 
Wie ein schlauer Mensch mal gesagt hat: Alles was dazwischen liegt ist Zeit. Schlussendlich gibt es immer etwas, was bleibt. Doch nur wir können entscheiden, was wir davon mitnehmen, um es auf unser verantwortungsvolles Leben zu übertragen. Denn was bleibt, ist der Gedanke daran, noch einmal Kind sein zu dürfen.

Kommentare